
„Viel zu viele glauben, alles richtig zu machen“
Text: Jochen von Plüskow Das war auch nötig. Denn eine ganze Reihe von Unternehmen hätte mit Sicherheit den Insolvenzantrag vermeiden können, wenn sie die Potenziale eines funktionierenden Einkaufs realisiert hätten. Ein Produkt oder eine Leistung ist schlicht nur dann wettbewerbsfähig, wenn der Bedarf da ist und der Marktpreis stimmt. Selbst den Bedarf können Sie beeinflussen, wenn Sie die Beschaffungsfunktion umfassend verstehen. Heute arbeiten Einkäufer eng mit der Produktentwicklung und dem Qualitätsmanagement zusammen. Und das nicht nur in den Branchen, wo dies als selbstverständlich erachtet wird – zum Beispiel beim Einkauf von Massenprodukten. Sie haben mal gesagt, „wenn’s ums Einkaufen geht, halten wir uns alle für Weltmeister“. Was wollen Sie damit sagen? Der Deutsche macht ja bekanntlich gerne Schnäppchen – im Internet, im Outlet, im klassischen Geschäft oder kauft die Angebote aus dem Supermarkt. Manchmal nimmt er sogar einen Umweg, um den besten Preis zu bekommen und zahlt dafür indirekt auch für An- und Abfahrt. Über Jahre werden wir schon damit konfrontiert „nicht blöd“ zu sein. Das sind die Deutschen natürlich auch nicht. Viele Firmenchefs halten Ihre Kritik für nicht gerechtfertigt. Sie glauben im Bereich Einkauf des Unternehmens, alles richtig zu machen. Was sagen Sie Leuten, die überzeugt sind, ihren Einkauf effizient zu managen? Solchen Führungskräften kann man eigentlich nur „gratulieren“, weil sie in einem Wolken-Kuckucksheim leben. Natürlich. Dazu gehören, kurz gesagt, das Schaffen von Rahmenbedingungen, das Setzen von Anreizen und die konsequente Steuerung des Einkaufs. Allerdings hat unsere Beteiligungsgesellschaft Penning Consulting ermittelt, über welche Qualifikationen die Einkäufer verfügen. Das Ergebnis ist dramatisch: Nur 20 bis 30 Prozent der derzeitigen Bewerber besitzen die für den strategischen Einkauf erforderliche Qualifikation. Früher stand die reine Preisdrückerei im Fokus. Wer hier ein paar Cent einsparen konnte, war froh, stolz und glücklich. Sieht das immer noch genauso aus? Nein. Unsere Kunden, die verstanden haben, was für ein wesentlicher Ertragsturbo der Einkauf ist, gehen anders vor. Galt es früher in den meisten Fällen, reine Preisverbesserungen über die klassischen Hebel der Einkaufsfunktionen zu realisieren und Verhandlungstechniken zu trainieren, sind die Aufgabenstellungen heute komplexer. Außerdem stellen wir häufiger noch gravierendere Informationsdefizite fest. Dazu gehört die erschreckende Tatsache, dass Deckungsbeiträge einzelner Produkte und Dienstleistungen nicht bekannt sind oder von falschen Werten ausgegangen wird. Klar, dass dann Entscheidungen mit einem schlechten Ergebnis enden. Damit liegen Sie nicht ganz falsch. Es handelt sich bei dieser Angabe natürlich nur um eine sehr grobe Schätzung. Anders sieht es aus, wenn wir die Daten unserer Kunden genau kennen. Dann ist es möglich, produkt- oder leistungsbezogen sehr genaue Aussagen zu treffen. Mit dieser Aussage möchte ich lediglich kontinuierlich auf die Wertschöpfungsfunktion des Einkaufs, der Beschaffung beziehungsweise der gesamten Supply Chain hinweisen. Manch unpopuläre Entscheidung ließe sich umgehen oder zumindest deutlich moderater gestalten, wenn hier entsprechend agiert würde. Gerne. Modernes Beschaffungsmanagement nimmt einen permanenten Abgleich von Planung und aktuellen Entwicklungen vor. Es kann Abweichungen aussagekräftig untermauern und die richtigen Entscheidungen ableiten. Es ist nicht lange her, da wurde ein Projekt durchgeführt und danach blieb alles beim Alten. Heute gilt es, die Gleichzeitigkeit von Projekt und Betrieb herzustellen und die Mitarbeiter dabei zu unterstützen. Der Preis ist nach wie vor ein wesentlicher Einflussfaktor. In diesem Bereich beziehungsweise in der Wahrnehmung dieser wichtigen und direkt wirkenden Unternehmensfunktion haben viele Betriebe ihre Lektion gelernt. Die marktübliche Preisspreizung fällt nicht zuletzt durch die Flut von Daten und heute herrschender Transparenz geringer aus. Erfolge und Misserfolge unterscheiden sich durch eine weitaus differenziertere Betrachtung einerseits und anderseits der Gesamtbetrachtung der einzelnen Prozesse als Ganzes. |