
Die Märkte sind immer in Bewegung
VC Magazin: Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Mittelständler und Konzerne im Bereich Einkauf? Kerkhoff: Die größten Herausforderungen sehen unsere Kunden in der organisatorischen und prozessualen Optimierung von gewachsenen Strukturen und in der Optimierung der Supply Chain. Viele Unternehmen sind über Jahre hinweg gewachsen, durch Fusionen oder durch organisches Wachstum. Irgendwann stellt sich die Frage, ob die so historisch entstandene Einkaufsorganisation und die damit verbundenen Prozesse auch den neuen Anforderungen genügen. Bei der Supply Chain liegt die größte Herausforderung darin, die Prozesse im Sinne der Working Capital-Optimierung so zu gestalten, dass sie Produktionssicherheit vermitteln und gleichzeitig das im Produktionsprozess gebundene Kapital minimieren, um möglichst bankenunabhängig zu sein. Kerkhoff: Da haben wir zurzeit einen War for Talents. Es gibt heute ein hohes Potenzial an gut ausgebildeten Universitätsabgängern, die schon während des Studiums einen tieferen Einblick in die Themen Procurement und Supply Chain Management erhalten. Die Herausforderung für die Mittelständler und Konzerne besteht darin, diese Studienabgänger für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Jeder Beteiligte kann hier Argumente in die Waagschale werfen. Der Konzern die Internationalität und die geordnete Beförderung, der Mittelständler den höheren Freiheitsgrad und die Wertigkeit der eigenen Position im Unternehmen. Bei Beratungsunternehmen ist es die Möglichkeit, mehrere Projekte in kurzer Zeit kennenlernen zu können. VC Magazin: Internationale Märkte bieten häufig Waren zu günstigeren Konditionen. Welche Märkte werden in Zukunft besonders relevant sein? Kerkhoff: Die Märkte sind immer in Bewegung. Deshalb ist es entscheidend zu wissen, in welchen Ländern sich welche Produktionsfortschritte und Gesetzmäßigkeiten entwickeln. Ein Beispiel: China hat in den letzten Jahren maßgebliche Regularien für den Umweltschutz durchgesetzt. Darunter hat die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in bestimmten Produktgruppen gelitten, denn Lieferanten in Laos oder Mexiko bieten die Waren zu einem günstigeren Preis an. Ein Unternehmen sollte regelmäßig überprüfen, ob es mit seinen aktuellen Beschaffungsmärkten noch richtig aufgestellt ist oder ob es sich lohnt neue Wege zu gehen. Deshalb sollte man das Gesamtgebilde der Lieferanten in regelmäßigen Abständen untersuchen und hinterfragen. Kerkhoff: Bei den sozialen Standards geht es darum, dass man sich mit den Gegebenheiten vor Ort auseinander setzt und keine übertriebenen Niedrigpreisforderungen stellt. Wenn der Lieferant nicht in der Lage ist, sein Produkt zu dem angebotenen Preis zu produzieren, kann das dazu führen, dass die selbst auferlegten Qualitätsstandards in der Kalkulation keinen Platz mehr finden. Ein Beispiel dafür wäre der spanische Weinskandal. Durch die Intransparenz in den Ländern werden sich Skandale auch in Zukunft nicht völlig ausschließen lassen, nur sind die Unternehmen heute darauf bedacht bei diesen Lieferanten nicht mehr einzukaufen, um den Ruf der eigenen Marke nicht zu beschädigen. Kerkhoff: Ein Trend liegt in der Verzahnung von Einkaufsstrategien und Marketing. Wenn ein Unternehmen Lieferanten hat, die nicht nur metrische Maßstäbe erfüllen, sondern auch solche, die gerade im gesellschaftlichen Umfeld diskutiert werden, kann das dem Kunden als Alleinstellungsmerkmal vermittelt werden. Das Thema Social Responsibility ist zum Beispiel auch immer Teil der Brand Protection. Kerkhoff: Die durchschnittliche Zusammenarbeit dauert vier bis sechs Monate. Bei der Abrechnung geht die Tendenz ganz klar zu fix bezahlten Projekten. In dem Moment, in dem sie für die Beratungsleistung eine Provision für das verkaufte Produkt oder die erzielte Einsparung verlangen, geht es nur noch um eine kurzzeitige ökonomische Maximierung und nicht mehr um die systematische Verbesserung einer Organisation, die sich kurzfristig auch gar nicht messen lässt. Die erfolgsabhängige Bezahlung bietet eine hervorragende Grundlage für Streitigkeiten hinsichtlich der Honorarhöhe. Da viele Mittelständler und natürlich auch wir an einer weiteren Zusammenarbeit mit den Beratungsunternehmen interessiert sind, ziehen alle Beteiligten den fixen Honorarsatz mittlerweile vor. Kerkhoff: Wir zählen mittlerweile zunehmend Private Equity-Unternehmen zu unseren Kunden. Weil der Dealflow in den letzten zehn Jahren eher abgenommen hat, arbeiten die Kapitalgeber heute immer intensiver an der operativen Optimierung des bestehenden Portfolios, um eine signifikante Wertsteigerung zu erzielen. Wir verzeichnen zunehmende Anfragen von Private Equity-Häusern. Die Bereitschaft von Beteiligungsunternehmen zur Vergabe von Beratungsmandaten für Portfoliounternehmen steigt mit jedem gelungenen Projekt an, aber natürlich nur, wenn die Expertise in der gesuchten Branche gegeben ist. Kerkhoff: Das Erfolgsrezept besteht darin, sich selbst ständig weiterzuentwickeln. Als Berater sind wir gezwungen, immer professionellere Lösungen für die immer komplexer werdenden Probleme der Kunden zu finden. Für den Kunden zählt letztendlich die Qualität der Beratungsleistung mehr als die Unternehmensgröße. Die Auszeichnungen sind ein gutes Indiz dafür, dass man in seinem Bereich Qualitätsführer ist, ausruhen darf man sich darauf aber nicht. |